Phenytoin [57-41-0-A] C15H12N2O2
Zur Reaktion: In einem ersten Schritt entsteht aus Benzil und Harnstoff das cyclische Addukt (1), welches nach wenigen Minuten aus dem Reaktionsgemisch auskristallisiert, jedoch beim Erwärmen rasch wieder in Lösung geht. Das Addukt (1) geht durch Wasserabspaltung in ein Hydroxyimidazolinon-Derivat (2) über, aus dem sich durch Deprotonierung, als eigentliche umlagerungsfähige Zwischenstufe, das Anion (3) bildet. Es folgt eine Umlagerung des Anions (3), welche der Benzilsäure-Umlagerung stark gleicht, und als Hydantoin-Umlagerung bezeichnet wird. Durch Protonierung des dabei entstehenden 5,5-Diphenylimidazolidin-2,4-dion-Anions (beim Ansäuern des Reaktionsgemisches) erhält man das freie Phenytoin (4), welches als weißer Niederschlag ausfällt. Bei der Biltzschen Hydantoin-Synthese bilden sich unvermeidlich Nebenprodukte, die als Acetylendiureine oder Glykolurile bezeichnet werden. Im Falle der Synthese von Phenytoin bildet sich
Diphenylacetylendiurein (5) als Nebenprodukt. Dessen Entstehung lässt sich dadurch erklären, dass das Hydroxyimidazolinon-Derivat (2) mit einem weiteren Harnstoff-Anion reagiert. Hierbei sind zwei alternative Reaktionsverläufe denkbar. Das Diphenylacetylendiurein ist schwer löslich und kann deshalb leicht abfiltriert werden.
Durchführung: Zu einer Lösung von 5,3 g (88,2 mmol) Harnstoff und 10,5 g (50,0 mmol) Benzil in 170 ml Ethanol fügt man eine Lösung von 28,0 g Kaliumhydroxid in 15 ml Wasser und erhitzt das Gemisch für 2 Stunden unter Rückfluss. Nach dem Abkühlen wird das Reaktionsgemisch mit 150 ml Wasser versetzt, wobei das schwerlösliche Diphenylacetylendiurein (Nebenprodukt) ausfällt. Das Reaktionsgemisch wird anschließend durch einen Faltenfilter filtriert und das Filtrat mit halbkonzentrierter Salzsäure angesäuert, wodurch das Phenytoin als weißer Niederschlag ausfällt. Das Rohprodukt wird abfiltriert und aus Ethanol umkristallisiert. Man erhält 8,58 g (68% der Theorie) farblose Kristalle mit Schmelzpunkt 293-294 °C.
Analytik: DC (Silica, EtOAc): hRf ~ 85
IR (KBr): ca. 3200 (breit, NH), 1780/1745 (sh), 1725 cm-1 (C=O)
1H-NMR (CDCl3 + DMSO-d6): δ = 10.87, 9.12 (s; 1H, NH; austauschbar mit D2O), 7.35 (s; 10H, Phenyl-H)
Beschreibung: Farblose Kristalle. Leicht löslich in Aceton (1:25), wenig löslich in Ethanol (bei Raumtemperatur), schwer löslich in Ether und Chloroform, praktisch unlöslich in Wasser, unter Salzbildung löslich in verdünnten Laugen. Die Substanz schmeckt bitter und ist mit einem pKs-Wert von 8,31 eine schwache Säure. Der deutsche Chemiker Heinrich Biltz hatte sich in den Jahren 1907 bis 1910 unter anderem mit Imidazolin-2-onen beschäftigt und dabei zufällig eine ergiebige Synthese von 5,5-Diphenylimidazolidin-2,4-dion (Phenytoin) entdeckt. Erst später (1938) fanden Meritt und Putnam heraus, dass Phenytoin ein sehr effektives Medikament zur Behandlung von Epilepsie ist, und anders als das vorher eingesetzte Phenobarbital keinen unerwünschten sedierenden Effekt hat. Darüber hinaus können mit Phenytoin auch erfolgreich Herzrhythmusstörungen behandelt werden. Die Wirkungsweise von Phenytoin beruht auf einer selektiven Blockierung der spannungsgesteuerten Natriumkanäle. Phenytoin werden teratogene Effekte zugeschrieben. Die mit dem Gebrauch von Phenytoin in Verbindung gesetzten Schäden werden als fetales Hydantoin-Syndrom bezeichnet. Andere mögliche Nebenwirkungen sind Nystagmus, Ataxie, Kopfschmerzen, Schwindel und eine Beeinträchtigung der intellektuellen Leistungsfähigkeit. Des weiten können durch Bildung cytotoxischer Metaboliten mit Epoxy-Gruppierungen Leberschädigungen auftreten.
Anmerkung: Die Fotos stammen von einem Ansatz, bei dem 1 g Benzil eingesetzt wurde und nach einer leicht abgeänderten Vorschrift aus einem Praktikumsskript des „Lycoming College“ verfahren wurde.
Quelle für den Reaktionsmechanismus: G. Schwenker, A. S. Dajoh, S. Bernhart: Die Phenytoin-Synthese des H. Biltz; in: Pharmazie in unserer Zeit / 15. Jahrg. 1986 / Nr. 6, S. 167-171
Quelle für die Synthesevorschrift und die analytischen Daten: Th. Eicher, H. J. Roth; Synthese, Gewinnung und Charakterisierung von Arzneistoffen. Ein Praktikumsbuch, Thieme, Stuttgart (1986)
Quelle für die Eigenschaften und Verwendung: G. Schwenker, A. S. Dajoh, S. Bernhart: Die Phenytoin-Synthese des H. Biltz; in: Pharmazie in unserer Zeit / 15. Jahrg. 1986 / Nr. 6, S. 167-171 • Th. Eicher, H. J. Roth;Synthese, Gewinnung und Charakterisierung von Arzneistoffen. Ein Praktikumsbuch, Thieme, Stuttgart (1986) • K. Saeb-Parsy, Ravi G. Assomull; Instant Pharmacology, Wiley, 1999 • Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis - 5. vollständig neubearbeitete Auflage, Band 9, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1994 • Römpp Online Lexikon Chemie • A. J. Glazko; Discovery of Phenytoin, Therapeutic Drug Monitoring, vol. 8, no. 4, pp. 490-497, 1986 (abstract)
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Letzte Aktualisierung: 05/10/12
Andere Bezeichnungen: 5,5-Diphenylimidazolidin-2,4-dion, Dilantin, Epanutin, Phenhydan, Zentropil, Epilan, Phenytek