Salicylaldehyd [90-02-8-A] C7H6O2
Reaktionsverlauf: Phenolaldehyde kann man gemäß der Reimer-Tiemann-Reaktion dadurch gewinnen, dass man Chloroform und Alkali bei 70 °C auf Phenole einwirken lässt. Dabei entstehen vorwiegend o-Hydroxybenzaldehyde. Der eigentlichen Formylierungsreaktion ist die Bildung von Dichlorcarben (1) vorgelagert. In alkalischer Lösung kann Chloroform deprotoniert werden und unter Abspaltung eines Chlorid-Ions zum Carben (1) reagieren:
Unter den Reaktionsbedingungen liegt Phenol als Phenolat (2) vor. Dieses wird vom Carben (1) in ortho-Stellung angegriffen. Das so gebildete Primäraddukt (3) aromatisiert unter Bildung des Phenolats (4), das unter den Reaktionsbedingungen nicht stabil ist und zum Formylphenolat hydrolysiert wird:
Zur Abtrennung des Salicylaldehyds vom mitentstandenen p-Hydroxybenzaldehyd wird das Reaktionsgemisch der Wasserdampfdestillation unterworfen. Infolge Nachbarstellung der OH- und C=O-Gruppe bilden sich bei aromatischen o-Hydroxybenzaldehyden Wasserstoffbrücken aus. Es entsteht ein Chelat, das für die Wasserdampfflüchtigkeit verantwortlich ist:
Beim p-Hydroxybenzaldehyd dagegen ist durch die räumliche Entfernung von OH- und CHO-Gruppe die Bildung eines Chelats nicht möglich, daher ist es nicht wasserdampfflüchtig. Es kann aus dem nicht wasserdampfflüchtigen Rückstand durch Kristallisation gewonnen werden. Die Trennung des Salicylaldehyds von dem ebenfalls mit übergehendem Phenol erfolgt mit Natriumhydrogensulfit. Salicylaldehyd bildet eine kristalline Additionsverbindung, die man mit Säure wieder zerlegt:
Durchführung: In einen
1-1-Dreihalskolben, der mit einem KPG-Rührer, Rückflusskühler und
doppelt durchbohrtem Korken für Thermometer und Tropftrichter versehen
ist, werden 192 g (4.8 mol) Natriumhydroxid gegeben. Man fügt 192
ml Wasser hinzu und bringt das Natriumhydroxid auf dem Wasserbad unter
Erwärmen und Rühren in Lösung. Bei 70 bis 75 °C (Innentemperatur) wird
dann eine Lösung von 37.5 g (0.4 mol) Phenol in 20 ml Ethanol
hinzugegeben. Nach der Zugabe lässt man die Temperatur des
Reaktionsgemisches unter fortwährendem Rühren langsam im Wasserbad auf
68 bis 70 °C absinken, entfernt die Wärmequelle und tropft anschließend
64 ml (0.8 mol) Chloroform zu. Beim Zutropfen färbt sich das
Reaktionsgemisch gelb bis rot. Die Reaktionstemperatur wird während der
Zugabe des Chloroforms, die etwa 75 bis 90 Minuten dauert, auf 65 bis
70 °C gehalten, was durch die Regulierung der Tropfgeschwindigkeit
erreicht werden kann. Nach der Zugabe lässt man noch 1 Stunde lang bei
der angegebenen Temperatur reagieren und danach erkalten.
Anschließend wird das rote Reaktionsgemisch unter Rühren und Kühlung
mit fließendem Wasser mit Salzsäure (D = 1.19) angesäuert (≈ 180 ml)
und so lange der Wasserdampfdestillation unterworfen, bis etwa 750 ml
überdestilliert sind. Im Scheidetrichter trennt man die ölige Phase ab,
extrahiert die wässrige Phase zweimal mit je 75 ml Ether und vereinigt
Öl- und Etherauszüge miteinander. Der Ether und eventuell noch
vorhandenes Chloroform werden im siedenden Wasser abdestilliert; der
gelbe Rückstand wird in einem Rundkolben mit Schliffstopfen mit etwa
100 ml einer konz. Natriumhydrogensulfit-Lösung (≈ 40 g
Natriumhydrogensulfit in 100 ml Wasser) versetzt und 15 Minuten lang
kräftig durchgeschüttelt. Während dieser Zeit bildet sich ein farbloser
Niederschlag, der auf der Nutsche abfiltriert und nacheinander mit 25
ml 99%-igem Ethanol und 25 ml absolutem Ether ausgewaschen wird. Den
Niederschlag überführt man in einen 250-ml-Rundkolben mit
Rückflusskühler und versetzt ihn mit 100 ml 20%-iger Schwefelsäure.
Beim Erhitzen auf dem Wasserbad scheidet sich unter
Schwefeldioxid-Entwicklung ein Öl ab, das nach dem Erkalten des
Gemisches im Scheidetrichter abgetrennt wird. Die saure Phase wird noch
zweimal mit je 50 ml Ether extrahiert. Etherauszüge und Öl werden
vereinigt und 12 Stunden lang über wasserfreiem Natriumsulfat
getrocknet. Nach dem Abfiltrieren des Natriumsulfats und Abdestillieren
des Ethers unterwirft man den Rückstand einer Vakuumdestillation. Wobei
zwischen 89 bis 90 °C bei 21 Torr (Badtemperatur etwa 135 bis 145 °C)
Salicylaldehyd als farbloses Öl übergeht. Die Ausbeute beträgt etwa 10
g bzw. 20% der Theorie.
Eigenschaften: Flüssigkeit von
charakteristischem Geruch. Mit Wasserdämpfen flüchtig. Schwer löslich
in Wasser, mischbar mit Alkohol, Ether und Chloroform. Sdp.: 197° C.
Vorkommen und Verwendung:
Salicylaldehyd kommt in Spiraea
ulmaria (Sumpf-Spierstaude) vor. Es dient in 10%-iger
ethanolischer Lösung zum Nachweis von Aceton im Harn und von Fuselölen
im Alkohol (DAB 6).
Quelle: E. A. Robinson, J. Chem. Soc.
1961, 1663-1671 • Winterfeld,
K. - Praktikum der organisch-präparativen
Pharmazeutischen Chemie, 6. Auflage, Steinkopff Verl., 1965
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Letzte Aktualisierung: 24/06/05
Andere Bezeichnung:
2-Hydroxybenzaldehyd