Benzocain [94-09-7-A] C9H11NO2
Die folgende Syntheseanleitung wurde uns freundlicherweise samt
Fotos von Stefan (aka garage chemist) zur Verfügung gestellt. Eine dazugehörige
Diskussion ist im deutschsprachigen Chemie-Forum Versuchschemie.de
zu finden. Alle Fotos lassen sich durch Anklicken auf 1024x768 Pixel
vergrößern. Eine kurze Erläuterung zum Syntheseweg ist bei der Methode B zu finden. Am Ende dieser Seite stehen
außerdem einige Informationen zu charakteristischen Reaktionen und Eigenschaften des Benzocains.
1. Schritt: p-Nitrotoluol
»Ich habe 0.6 mol Toluol nitriert (Nitriersäure: 60 ml 98% H2SO4, 50 ml
65% HNO3) und dabei nach langwierigen Kristallisationen und
Destillationen 14 g reines p-Nitrotoluol erhalten, neben 50 ml
weniger reinem ortho-Nitrotoluol (muss nochmal vakuumfraktioniert
werden, der Siedebereich ist noch weit und es enthält definitiv noch
einiges an p-Nitrotoluol), welches hier nicht benötigt wird.
Das p-Nitrotoluol wurde aus Ethanol/Wasser umkristallisiert um
es isomerenrein zu erhalten. Es lag dann in Form langer schwach
gelblicher und absolut trockener Kristalle vor (davor waren die
Kristalle ölig).«
2. Schritt: p-Toluidin
3. Schritt: p-Methylacetanilid
»Die Acetylierung dient als Schutzgruppe für die Aminogruppe während
der nun folgenden Oxidation der Methylgruppe zur entsprechenden
Benzoesäure.«
4. Schritt: p-Acetamidobenzoesäure
5. Schritt: p-Aminobenzoesäure (PABA)
»Nun wird die Schutzgruppe abgespalten um PABA zu erhalten. Die
Acetylgruppe kann durch Hydrolyse mit entweder Säure oder Lauge
abgespalten werden. Hier wird Säure verwendet.«
»3.7 g p-Acetamidobenzoesäure werden mit 18.5 ml 25%-iger
Salzsäure 30 Minuten unter Rückfluss gekocht. Bereits nach kurzem
Sieden löste sich der Feststoff auf, und direkt danach setzte eine
Kristallisation eines anderen Feststoffs ein (PABA-Hydrochlorid). Die
Reaktion schien nach 10 Minuten beendet zu sein, trotzdem wurde 30
Minuten lang gekocht.«
»Danach wurde der Kolbeninhalt in ein Becherglas überführt (der
Kolben wird mit etwas Wasser ausgespült und der Rest ebenfalls in das
Becherglas gegeben) und tropfenweise unter Rühren mit konzentrierter
Ammoniaklösung versetzt. Nachdem etwa 7 ml Ammoniaklösung (ganz grob
geschätzt) zugesetzt waren löste sich der Festkörper zunächst auf, um
dann bei weiterem Ammoniakzusatz in Form eines puddingartigen
Niederschlags wieder auszufallen. Bei weiterer Ammoniakzugabe löst sich
dieser Niederschlag wieder auf. Es wird soviel Ammoniaklösung zugesetzt
dass sich der Niederschlag gerade gelöst hat. Der pH-Wert soll 8
betragen (ich hatte kein Indikatorpapier zur Verfügung). Die PABA
befindet sich nun als Ammoniumsalz in Lösung.
Nun wird pro 30 ml Lösung 1ml Eisessig zugesetzt (bei mir 1.7 ml (50 ml
Lösung), kurz verrührt und die Lösung ohne Störung stehengelassen. PABA
kristallisiert sehr langsam im Verlauf mehrerer Minuten in schönen
zentimeterlangen, nadeldünnen Kristallen aus, die die gesamte Lösung
durchwachsen. Die Lösung wird dann im Eisbad einige Stunden gekühlt,
das Produkt abgesaugt und mit etwas Eiswasser gewaschen und getrocknet.
Ausbeute: 1.8 g p-Aminobenzoesäure (63%). Der Schmelzpunkt war
genau der in der Literatur angegebene (187 °C), das Produkt war somit
trotz der Färbung (PABA sollte eigentlich weiß sein) sehr rein.«
6. Schritt: Benzocain
»0.5 g PABA werden in 5 ml Ethanol gelöst und 0.5 ml konz.
Schwefelsäure zugegeben. Die Lösung wird 1 Stunde lang unter Rückfluss
gekocht, wobei die anfangs ausgefallenen Feststoffe komplett in Lösung
gehen.«
»Nun wird zu der Lösung langsam tropfenweise 10%-ige
Natriumcarbonatlösung zugefügt, um die Schwefelsäure zu neutralisieren
(CO2-Entwicklung). Es wird solange Natriumcarbonatlsg.
zugefügt bis
die Gasentwicklung aufhört und der pH bei 8 ist. Die Lösung wird
zweimal mit je 3 ml Dichlormethan extrahiert, die
Extrakte vereinigt, mit Natriumsulfat getrocknet und das Dichlormethan
abdestilliert.
Der Rückstand kristallisiert beim Abkühlen und stellt weitgehend reines
Benzocain dar. Man kann es zur Reinigung aus Ethanol/Wassergemisch
umkristallisieren. Die Ausbeute habe ich nicht gemessen.«
Quelle: Revised Procedure: Expt. 21.1 Multistep Synthesis of
Benzocaine Analogs
Fotos und Durchführung: Stefan (aka garage chemist)
Letzte Aktualisierung: 11/01/07
Benzocain-Synthese in größerem Maßstab [94-09-7-B] C9H11NO2
Zur Reaktion: Die intermediär benötigte p-Aminobenzoesäure
kann zwar durch Reduktion von p-Nitrobenzoesäure gewonnen
werden, allerdings entsteht p-Nitrobenzoesäure nur in einer
sehr geringen Ausbeute von 2% bei der direkten Nitrierung von
Benzoesäure. Daher wählt man den Umweg über Toluol bzw. p-Toluidin,
welches sich in guter Ausbeute zu p-Aminobenzoesäure oxidieren
lässt. Um die Aminogruppe vor der Oxidation zu schützen wird diese
durch Acetylierung geschützt. Als Acylierungsmittel wird
Essigsäureanhydrid verwendet. Katalysatoren sind infolge der basischen
Natur des Toluidins nicht erforderlich. Die Methylgruppe am
aromatischen Kern wird mit Kaliumpermanganat zur Carboxylgruppe
oxidiert. Anschließend wird die p-Acetaminobenzoesäure mit
Salzsäure zu p-Aminobenzoesäure verseift. Schließlich wird die p-Aminobenzoesäure
mit Ethanol und Chlorwasserstoff als Katalysator in den Ethylester -
das Benzocain - überführt.
p-Methylacetanilid
In einem 250-ml-Dreihalskolben, der mit Rückflusskühler und
Tropftrichter versehen ist, werden 32.1 g p-Toluidin gegeben.
Unter Umschütteln löst man die Kristalle bei Zimmertemperatur in etwa
50 ml Toluol und lässt unter Umschwenken 35.7 g Essigsäureanhydrid aus dem
Tropftrichter innerhalb von 10 bis 15 Minuten zutropfen. Bei diesem
Vorgang erwärmt sich das Reaktionsgemisch. Anschließend erhitzt man es
noch eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad und lässt abkühlen,
zuletzt mit Hilfe eines Eisbads. Nach etwa 3 bis 4 Stunden wird der
ausgefallene Kristallbrei auf der Nutsche abgesaugt mit etwa 30 ml
Ligroin (Petroleumbenzin) gewaschen und im Exsikkator über
Schwefelsäure getrocknet. Die Ausbeute beträgt etwa 43 g (96% der
Theorie) eines bei 148 bis 150 °C schmelzenden Produkts.
p-Aminobenzoesäure (PABA)
In einem 2-l-Dreihalskolben, der mit Rückflussfühler, KPG-Rührer und
Zweihalsstück mit Tropftrichter und Gaseinleitungsrohr versehen ist,
werden 14.9 g fein gepulvertes 4´-Methylacetanilid gegeben. Unter
Rühren und Erhitzen im siedenenden Wasserbad bringt man durch Zugabe
von 700 bis 750 ml Wasser den größten Teil des 4´-Methylacetanilids in
Lösung. Ungeachtet des nicht Gelösten wird dann – nachdem man das
Gaseinleitungsrohr über eine leere Waschflasche als Sicherheitsflasche
und eine Waschflasche nach Muencke, die etwa 20 ml Schwefelsäure
enthält, mit einer CO2-Bombe verbunden hat – ein kräftiger
Kohlendioxid-Strom eingeleitet. Gleichzeitig tropft man unter
fortgesetztem Rühren und Erhitzen im siedenden Wasserbad eine Lösung
von 47.4 g Kaliumpermanganat in 750 ml Wasser innerhalb von 90 bis 120
Minuten zu. Danach lässt man das braune Reaktionsgemisch erkalten. Der
Überschuss an Kaliumpermanganat wird durch Zugabe 10 bis 20 ml Ethanol
beseitigt (die Reaktion verläuft bei Raumtemperatur langsam) und der
Braunstein auf der Nutsche abgesaugt. Kolloidales Mangandioxid fällt
beim nachfolgenden Eindampfen wieder aus. Anschließend engt man das
Filtrat in einer Porzellanschale auf 400 bis 500 ml ein und versetzt
nach dem Erkalten die gelb gefärbte Flüssigkeit mit 25%-iger Salzsäure
(etwa 20 ml) bis zur sauren Reaktion. Dabei fällt die p-Acetaminobenzoesäure
als schwach gelb gefärbter schaumiger Niederschlag aus. Dieser wird auf
der Nutsche abgesaugt und mit kaltem etwa 50 ml kaltem Wasser gewaschen.
Die p-Acetaminobenzoesäure wird in einem 250-ml-Rundkolben mit
140 ml 25%-iger Salzsäure versetzt und unter häufigem Umschwenken 60
bis 90 Minuten lang gekocht. Danach lässt man abkühlen und etwa 30
Minuten lang im Eisbad stehen. Der ausgefallene Niederschlag aus p-Aminobenzoesäure
Hydrochlorid wird auf der Nutsche abgesaugt und anschließend in etwa
100 ml Wasser gelöst. Zu der gelbgrün gefärbten Lösung fügt man dann in
der Kälte unter Umschwenken portionsweise 10 bis 12 g Natriumacetat
hinzu. Hierbei fällt p-Aminobenzoesäure als flockiger, gelber
Niederschlag aus. Die p-Aminobenzoesäure wird auf der Nutsche
abgesaugt und im Exsikkator über Schwefelsäure getrocknet. Die Ausbeute
beträgt etwa 10 g (73% der Theorie) eines bei 185 bis 186 °C
schmelzenden Produkts.
Benzocain
In einem 250-ml-Dreihalskolben werden 100 ml absolutes Ethanol gefüllt und der Kolben samt Inhalt
gewogen. Ein Rückflusskühler und ein Gaseinleitungsrohr werden
angeschlossen. Das Gaseinleitungsrohr wird über eine leere Waschflasche
als Sicherheitsflasche und eine Waschflasche nach Muencke, die etwa 20
ml Schwefelsäure enthält, mit einer Chlorwasserstoff-Bombe verbunden.
Man leitet zunächst unter Kühlung mit kaltem Wasser 15 bis 20 g
Chlorwasserstoff ein (Zeitdauer: etwa 45 bis 60 Minuten), fügt dann 9.6
g p-Aminobenzoesäure hinzu und kocht das breiige
Reaktionsgemisch unter fortgesetztem Hindurchleiten von
Chlorwasserstoff auf dem Wasserbad unter Rückfluss. Dabei tritt
allmählich Lösung ein. Nach 3 bis 4 Stunden unterbricht man die
Reaktion, lässt abkühlen und im Eisbad auskristallisieren. Der
ausgefallene Niederschlag wird nach etwa einer Stunde auf der Nutsche
abgesaugt und mit 20 ml absolutem Ethanol gewaschen. Die farblosen
blättchenartigen Kristalle des 4-Aminobenzoesäureesterhydrochlorids
werden in einem 250-ml-Erlenmeyerkolben in etwa 100 ml Wasser gelöst.
Bei der portionsweisen Zugabe eines wässrigen Kaliumcarbonat-Breis
(insgesamt etwa 6 g Kaliumcarbonat in 12 ml Wasser) fällt Benzocain als
farbloser Niederschlag aus. Man lässt etwa 1 bis 2 Stunden lang im
Eisbad stehen, saugt den Niederschlag auf der Nutsche ab und wäscht ihn
mit etwa 30 ml eiskaltem Wasser. Die Substanz wird aus viel Wasser
(etwa 900 bis 1100 ml), eventuell unter Zugabe von Aktivkohle,
umkristallisiert und im Exsikkator über Schwefelsäure getrocknet. Die
Ausbeute beträgt etwa 10 g (87% der Theorie) Benzocain, welches bei 89
bis 90 °C schmilzt.
Quelle: Winterfeld, K. - Praktikum der organisch-präparativen
Pharmazeutischen Chemie, 6. Auflage, Steinkopff Verl., 1965
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Letzte Aktualisierung: 11/01/07
Reaktionen und Eigenschaften des Benzocains
Benzocain bildet ein farbloses kristallines Pulver. Es ist geruchlos
mit einem leicht bitterem Geschmack und anästhesierender Wirkung.
Löslich ist es in 2500 Teilen Wasser, 8 Teilen Ethanol, 4 Teilen Ether
und 2 Teilen Chloroform. Der Schmelzpunkt des Benzocains liegt zwischen
88 und 91 °C. Eigenschaften der Derivate: Benzamid Schmp. 148 °C,
Acetamid Schmp. 110 °C, Pikrat Schmp. 129 bis 130 °C (bei 90 °C
getrocknet), Hydrochlorid Schmp. 207 bis 208 °C, Disulfimidsalz Schmp.
150 bis 151 °C, Styphnat Schmp. 174 bis 175 °C.
Benzocain wurde als "Anästhesin" als reizloses und ungiftiges
Anästhetikum von dem Apotheker Dr. E. Ritschert in die Therapie
eingeführt. Wegen seiner Schwerlöslichkeit ist es nur für die
Oberflächenanästhesie geeignet. Die Wirkung tritt ein, wenn es mit den
Nervenendigungen in direkten Kontakt kommt. Es wird bei Rachen-,
Kehlkopf- und Magenbeschwerden in Form von Pillen, Tabletten und
Pulvern und äußerlich in Salben und Pudern verwendet.
Benzocain bildet, da die basische Natur des Stickstoffs durch den
aromatischen Kern geschwächt ist, nur mit starken Mineralsäuren Salze,
die bei der Hydrolyse sauer reagieren. Verestert man die
p-Aminobenzoesäure anstatt mit Ethanol mit 2-Diethylaminoethanol, so
kommt man zu dem stärker basisch reagierenden Lokalanästhetikum Procain
(Novocain), das seinerzeits Cocain weitgehend als Lokalanästhetikum
ersetzt hat.
Quelle: Winterfeld, K. - Praktikum der organisch-präparativen
Pharmazeutischen Chemie, 6. Auflage, Steinkopff Verl., 1965
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Letzte Aktualisierung: 11/01/07
Andere Bezeichnungen: 4-Aminobenzoesäureethylester;
Anästhesin; Ethoform; Ethylaminobenzoat; p-(Ethoxycarbonyl)phenylamin;
4-(Ethoxycarbonyl)aniline; 4-(Ethoxycarbonyl)phenylamin;
4-Carbethoxyanilin; Americaine; Anesthone; Benzoak; Flavamed;
Identhesin; Keloform; Norcain; Orthesin; Parathesin; p-(Ethoxycarbonyl)anilin;
p-Carbethoxyanilin